Virtuelle Laufevents — 6 Argumente, warum sie eine echte Alternative sind!

Veröffentlicht von Kristina am

Das Corona-Infektionsgeschehen hat unser Leben grundlegend verändert. So natürlich auch die Läuferwelt. Virtuelle Laufevents sind an die Stelle von realen Wettkämpfen getreten. Viele Läufer vermissen die ‚echten‘ Wettkämpfe. Und auch ich muss zugeben, dass virtuelle Laufevents nicht das gleiche sind. Aber alles hat Vor- und Nachteile. Daher nun ein paar Gedanken zu den virtuellen Wettkämpfen, die man inzwischen überall findet.

Mein letztes ‚echtes‘ Laufevent

Es ist jetzt auf den Tag genau ein Jahr her, dass ich zuletzt an einem realen Laufevent teilnahm. Den würdigen Abschluss meiner ‚Wettkampf-Saison 2020‘ bildete der wunderschöne Belgenbach-Trail am 8. März. Natürlich hatte ich noch eine ganze Reihe weitere Events für 2020 geplant. Aber ein Wettkampf nach dem anderen wurde abgesagt.

Belgenbach-Trail
Handgefertigte Medaillen beim Belgenbach-Trail

Zugegebenermaßen war ich teilweise sogar ein wenig froh über die ganzen Absagen. Durch meine Medaillen-Challenge 2019 in Kombination mit dem Rur-Eifel-Volkslauf-Cup war ich in 2019 insgesamt 50 mal bei diversen Wettkämpfen gestartet und dadurch ein wenig wettkampfmüde geworden. Mal abgesehen davon, dass ich das Wort Wettkampf nicht mag. Denn ich laufe aus der Freude am Laufen. Daher rede ich auch lieber von virtuellen Laufevents als von virtuellen Wettkämpfen.

Was fehlt ohne ‚echte‘ Wettkämpfe?

Die virtuelle Welt ist anders als die reale. Und natürlich gibt es vieles, was durch das Wegfallen der echten Laufevents fehlt. Hier findest Du die wichtigsten Punkte.

1) Die Stimmung an der Strecke

Wenn Du vor allem an Wettkämpfen teilnimmst, um Dich von der Stimmung an und auf der Strecke tragen zu lassen, denn virtuelle Laufevents bieten das nur sehr bedingt. Menschenmassen und laute Musik am Rand der Laufstrecke sucht man umsonst. Naja, immerhin diejenigen, die selbst bei Laufevents nicht auf Kopfhörer verzichten können, haben Glück. Jetzt können sie beim Laufen endlich ungestört Musik hören.

Venloop
Stimmung auf der Strecke beim Venloop

2) Kontakt zu anderen Läufern

Für mich sind die Menschen, die man bei Laufevents trifft das Highlight des Ganzen. Die Läufer, die ich bei den regionalen Volksläufen treffe, fühlen sich ein bisschen an wie Familie. Und zu der einen oder anderen Marathon-Bekanntschaft habe ich auch nach Jahren noch Kontakt.

Glücklicherweise denken einige Organisatoren virtueller Laufevents mit. So gibt es beispielsweise bei den Schinder-Trail-Events oft auch Facebook- und Strava-Gruppen zu den Events. Natürlich triffst Du die anderen Teilnehmer hier nur virtuell. Aber immerhin wirst Du eine Menge Menschen treffen, die Dir das Gefühl geben, dass es völlig normal ist, einfach mal so aus Spaß bei Minustemperaturen einen Ultra zu laufen.

3) Keine externen Trainingsanreize

Leider darf dieser Grund in der Liste die Nachteile von virtuellen Laufevents nicht fehlen. Viele Läufer bereiten sich monatelang mit gezielten Trainingsplänen auf ein bestimmtes Laufevent vor. Immer wieder höre ich aus meinem Umfeld, dass dem einen oder anderen ohne echte Wettkämpfe die Motivation fehlt, weiter laufen zu gehen.

Zugegebenermaßen macht mich das ein wenig traurig. Für mich ist Laufen ein Selbstzweck, der mir Freude bereitet. Ok, gleichzeitig halte ich auch wenig von Trainingsplänen. Irgendwie hoffe ich ja, dass der eine oder andere seine Freude am Laufen ohne Wettkämpfe neu entdecken kann. Oder vielleicht andere Beschäftigungen entdeckt, die mehr Spaß machen. Denn das Leben ist einfach zu kurz, um die Freizeit mit Dingen zu verbringen, an denen Du keine Freude hast.

Warum virtuelle Laufevents auch Vorteile haben

Nicht alles was anders ist, muss gleichzeitig schlechter sein. Virtuelle Laufevents gibt es inzwischen an jeder Ecke und wenn Du genauer hinschaust, wirst Du auch ein paar Vorteile entdecken. Natürlich ist hier jeder verschieden und nur weil ich etwas gut finde, heißt das nicht, dass es Dir auch gefallen muss. Aber sicherlich wird es auch für Dich den einen oder anderen Aspekt geben, dem Du etwas positives abgewinnen kannst.

1) Kein Wettkampfdruck bei virtuellen Laufevents

Manch einer braucht den Wettkampfdruck, um sich zum Laufen motivieren zu können. Manch anderem ist der Druck von Wettkämpfen aber doch recht egal. Einen virtuellen Lauf läufst Du einfach nur für Dich allein. Natürlich gibt es bei den meisten Virtuellen Laufevents auch eine Ergebnisliste. Aber nicht zuletzt durch die freie Streckenwahl sind die Ergebnisse einfach nicht vergleichbar. Aus diesem Grund wird auch kein Druck aufgebaut, besser sein zu müssen, als alle anderen.

2) Der Applaus gehört ganz allein Dir

Bei vielen virtuellen Laufevents gibt es eine Startnummer zum selber ausdrucken. Wenn Dir der Trubel an der Strecke fehlt, solltest Du einfach mal ausprobieren, wie es ist, mit einer Startnummer auf dem Shirt auf Deiner Lieblingsstrecke zu laufen. Der eine oder andere wird Dich sicher anfeuern. Und wenn Du angefeuert wirst, kannst Du sicher sein, dass der Applaus nur Dir gehört und niemandem anders.

Startnummer vom Schinder-Trail Winterlauf-Cup

3) Raum für neue Laufformate

Virtuelle Laufevents schaffen Raum für neue Kreativität. Natürlich geht es bei den meisten virtuellen Formaten einfach darum, eine bestimmte Strecke zurückzulegen oder eine bestimmte Zeit zu laufen. Inzwischen gibt es aber auch ein paar richtig coole Ideen, die in einem Offline-Umfeld nur schwer zu realisieren wären. So beispielsweise die ‚No Rest for the Wicked‚-Challenge, bei der man zu jeder Stunde des Tages und zu jedem Tag der Woche einen Lauf zurücklegen musste. Oder auch das Event ‚Laufend gegen Gewalt‚, bei dem zwischen Valentinstag und Weltfrauentag so viele Kilometer wie möglich gesammelt werden sollten. Und je mehr ich stöbere, umso mehr innovative Formate laufen mir über den Weg. Ich bin wirklich gespannt, was sich die Veranstalter noch alles einfallen lassen.

4) Mehr Flexibilität bei Ort und Zeit

Eins haben alle realen Wettkämpfe gemeinsam: Ort und Zeit sind ganz klar festgelegt. Und mal abgesehen davon, dass alle coolen Events immer auf das selbe Datum fallen, bist Du bei der Wahl von Zeit und Ort nicht wirklich flexibel. Ganz anders bei den virtuellen Läufen. Bei fast allen Events hast Du ein bestimmtes recht großzügig bemessenes Zeitfenster, in dem Du eine bestimmte Strecke zurückgelegt haben musst. Wo ist meistens völlig egal. Wenn Dir danach ist, kannst Du sogar auf der Originalstrecke laufen. Aber in den allermeisten Fällen ist das kein Muss.

5) Zeit gespart

Bei einem virtuellen Laufevent ist es in der Regel egal, wo Du läufst. Du sparst dadurch jede Menge Zeit für An- und Abreise. Auf Siegerehrungen warten musst Du auch nicht. Und auch nicht auf Deine Mitfahrer. Und Du quatschst Dich auch garantiert nicht nach dem Lauf selbst irgendwo fest (oh Mann, wie ich das vermisse!). Auf diese Weise sparst Du natürlich jede Menge Zeit. Die könntest Du zum Beispiel anschließend nutzen, um ausgiebig zu dehnen (das vernachlässige ich leider viel zu häufig…)

6) Die Ökobilanz

Ich weiß gar nicht genau, wie viele An- und Abreisekilometer ich in der Vergangenheit zu irgendwelchen Laufevents gesammelt habe. Natürlich habe ich wenn immer möglich Fahrgemeinschaften gebildet. Aber trotzdem kamen insgesamt einige Tankfüllungen und Flugkilometer zusammen. Die meisten virtuellen Laufevents kannst Du direkt vor Deiner Haustür starten und tust damit im vergleich zu Wettkämpfen mit mehr oder weniger langer Anreise eine Menge Kilometer.

Welche virtuellen Laufevents gibt es?

Während es noch vor einem Jahr nur wenige Anbieter für virtuelle Laufevents gab, ist die Anzahl der Veranstaltungen inzwischen fast unüberschaubar geworden. Grundsätzlich kann wohl unterschieden werden zwischen regionalen und überregionalen Veranstaltungen.

Regionale Veranstaltungen

Hinter den regionalen Veranstaltungen stehen in der Regel Laufevents, die normalerweise offline stattgefunden hätten. Aufgrund der aktuell geltenden Restriktionen konnten sie aber nicht im gewohnten Format stattfinden. Damit die Läufer trotzdem nicht auf den Lauf verzichten müssen, wurden die Events virtualisiert. Auf diese Weise können die Vereine auch Verluste verringern. Zusätzlich hast Du auf diese Weise die Möglichkeit, zumindest virtuell an Deinem Lieblings-Event teilzunehmen.

Wenn Du wissen willst, ob eine Veranstaltung virtualisiert wurde, schau einfach regelmäßig auf der Seite der Veranstaltung vorbei. Der Veranstalter wird hier rechtzeitig vor dem Event alle benötigten Informationen veröffentlichen.

Leicht improvisierte Strecke beim Aachener Sylvesterlauf

Auf diese Weise musste ich beispielsweise im vergangenen Jahr nicht auf den Aachener Sylvesterlauf zum Jahresabschluss verzichten. Und der Monschau-Marathon war wie immer ein absolutes Highlight. Auch Aachen Läuft war ein virtuelles Event, das zahlreiche Aachener Läufer motivierte, ein paar Runden zu drehen.

Überregionale Veranstaltungen

Zusätzlich zu den regionalen Veranstaltungen gibt es inzwischen zahlreiche professionelle Anbieter von virtuellen Laufevents. Einer der ersten Anbieter virtueller Läufe war sicherlich Runnys. Hier fanden schon virtuelle Läufe statt, bevor man wusste, dass Wuhan eine Stadt in China ist. Inzwischen sind weitere Seiten wie virtualrunners und viele mehr hinzu gekommen. Oftmals findest Du hier sehr liebevoll gestaltete Medaillen und Urkunden. Zudem ist üblicherweise für jeden Geschmack eine Distanz mit dabei.

Meine virtuellen Laufhighlights

Unter den virtuellen Läufen an denen ich bisher teilnahm gab es vor allem zwei Highlights, die besonders hervorstachen. Diese sollen zum Schluss noch kurz erwähnt sein.

Monschau Marathon

Hierzu gibt es wenig zu sagen. Der Monschau Marathon rangiert auch in 2020 auf meiner persönlichen Liste der schönsten Laufevents ganz oben. Die Strecke durch die Eifel ist wunderschön und auch bei der Organisation spürt man einfach, dass dieser Lauf durch und durch von Läufern für Läufer organisiert wurde. Natürlich war ich daher froh, dass dieses Event nicht vollständig abgesagt wurde. Stattdessen hatten interessierte Läufer die Möglichkeit, die (Ultra-)Marathonstrecke innerhalb von 8 Wochen rund um den Originaltermin zu absolvieren. Läufe auf der Originalstrecke wurden sogar für den MoMa Club 10+ gewertet.

Perfekte Ausschilderung auf der Originalstrecke

An jedem Veranstaltungswochenende traf man auf dieser Strecke und auch im Start- und Zielbereich den einen oder anderen Laufliebhaber. Selbstverständlich mit ausreichendem Mindestabstand. An dem Wochenende, an dem ich mich entschied, den Marathon zu laufen, waren auch einige andere Läufer aus anderen Vereinen am Start und hatten sich sogar private Verpflegunsposten organisiert. Und sogar kräftig angefeuert wurde auf der Strecke. Wahrscheinlich das erste Event, bei dem gefühlt mehr Menschen am Rand der Strecke, als auf der Strecke selbst waren. Und sogar ein paar neue Kontakte knüpfte ich im Start- und Zielbereich, denen ich hoffentlich bei dem einem oder anderen Event wieder über den Weg laufen werde.

Schinder-Trail Winterlauf-Cup

Ich weiß gar nicht mehr so genau, wie ich Silvester auf dieser Seite gelandet war. Aber irgendwie war es wohl passiert und mir gefiel die Idee hinter dem Cup. Vier Läufe an 6 Wochenenden im Winter in vier unterschiedlichen Wertungen. Bei den Wertungen war für jeden Geschmack etwas dabei. Ich selbst entschied mich für die Schneemann-Wertung mit 21, 30, 42 und 50km. Und ohne groß darüber nachzudenken, lief ich auf diese Weise im Januar dieses Jahres meinen allerersten Ultra.

Was diesen virtuellen Lauf für mich so besonders macht? Im Gegensatz zu vielen anderen Events gab es zu diesem Laufevent sowohl eine Strava- als auch eine Facebook-Gruppe. Und gerade in der Facebook-Gruppe gab es jede Menge Aktivitäten. Hier konnte jeder seine Laufgeschichten teilen. Meinungen trafen aufeinander und jeder einzelne persönliche Erfolg wurde gefeiert. Irgendwie entstand auf diese Weise eine weitaus persönlichere Atmosphäre, als bei anderen virtuellen Laufevents. Auch der Organisator selbst war mit seinen Kommentaren und Berichten in der Gruppe dabei. Es war einfach nicht zu übersehen, dass diese Veranstaltung mehr aus Begeisterung am Laufen als aus kommerzieller Begeisterung heraus entstanden war. Und am Ende bekam ich eine der schönsten Medaillen meiner Läufergeschichte!

Stolz auf meinen allerersten Ultralauf

Wie geht es zukünftig weiter?

Es ist schwer abzuschätzen, wie sich Laufevents zukünftig weiterentwickeln werden. Sicher ist, dass die Lauflandschaft genau wie die meisten anderen Aspekte des Lebens nachhaltig verändern wird. Gerade kann ich mir noch nicht vorstellen, in welcher Form große Events wie der Berlin Marathon zukünftig stattfinden werden. Immerhin bin ich aktuell noch guter Dinge, dass es dieses Jahr zumindest das eine oder andere kleine Laufevent geben wird.

Gleichzeitig bin neugierig, welche weiteren neuen Formate die aktuelle Zeit noch hervor bringen wird. Und ich bin dankbar, dass Laufen abseits der Wettkämpfe nach wie vor nahezu uneingeschränkt möglich ist.

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